Überarbeitung des politischen Teils

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anonymized 2019-05-12 13:19:31 +02:00
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@ -5,8 +5,39 @@ Dann einen praxisorientierten Überblick zur rechtlichen Lage in Deutschland.
Dann gibt es eine offene Austauschrunde, wie man urheberrechtlich geschützte
Daten schön austauschen kann.
Wenn euch Begriffe zu akademisch sind, *fragt nach*. Der Autor hat leider über
seinem Studium das Gefühl für normale Sprache verloren. Ist kein Thema, das zu
erklären, die Begriffe sind an manchen Stellen leider wichtig.
## Politisches Potenzial
### Verschiedene Argumente gegen das Urheberrecht
Der Begriff Raubkopieren ist ein wunderschöner Kampfbegriff, eben weil man
niemandem etwas wegnimmt. Am Ende des Kopiervorgangs ist stattdessen sogar
mehr da als vorher. Nirgends funktioniert der Satz "Eigentum ist Diebstahl" so
gut wie bei intellektuellem Eigentum.
Remix Culture - Sehr viel Kultur wird verhindert, indem Remixen von Kunst
eingeschränkt wird. Remix Culture spart Arbeitsaufwand, und ist sogar noch gut
für die Umwelt, da bei der Produktion von Kunst weniger Ressourcen benötigt
werden.
Im akademischen Bereich ist es oft so, dass man das Urheberrecht an
wissenschaftlichen Artikeln komplett an Verlage abgibt, die dann Unsummen pro
Paper verlangen. Das behindert den wissenschaftlichen Fortschritt und hilft
nicht einmal den Urheber:innen.
Es gibt Zahlen, die belegen, dass Raubkopieren den Verkaufszahlen von Filmen
und Computerspielen eher nutzt als schadet; vor allem weil Raubkopierer gute
Spiele auch weiterempfehlen, an Leute die es bezahlen. Bei der Bekämpfung von
Raubkopien geht viel gute Promo verloren.
Aber um diese Argumente soll es heute nicht gehen, stattdessen hier eine
systematische Kritik am Urheberrecht aus anarchistischer Perspektive.
### Künstlerische Interessen
Als Künstler habe ich zwei Interessen:
* ich will, dass so viele Leute wie möglich meine Kunst genießen können
* ich will überleben können
@ -14,7 +45,7 @@ Als Künstler habe ich zwei Interessen:
Open Access ermöglicht 1. wie nichts anderes, aber erschwert, Geld mit
Kunst zu verdienen.
### Ware, Wert, und Grenzkosten
#### Künstlerische Arbeit
Künstlerische Arbeit sind 3 verschiedene Sachen:
* Ausdenken: auf die Idee kommen, komponieren, planen, texten
@ -23,15 +54,23 @@ Künstlerische Arbeit sind 3 verschiedene Sachen:
* Reproduzieren: Kopien des Prototyps erstellen, damit mehr Leute es genießen
können
#### Das Reproduzieren: Ware, Wert, und Grenzkosten
Das Internet ist praktisch eine riesige Kopiermaschine. Immer wenn man etwas
herunterlädt, kopiert man etwas. Die Kosten vom kopieren sind so niedrig wie
noch nie zuvor - jeder mit einem Rechner, Speicherplatz, & Zugang zu Internet &
Daten kann kopieren
Daten kann kopieren.
Das macht es den Verlagen natürlich schwer, Kunst zu verkaufen - die Kunst
steht in unfairer Konkurrenz zu den "gestohlenen" Kopien von sich selbst, aber
auch in schwächerer Konkurrenz mit "gestohlenen" Kopien von anderen
Kunstwerken, und mit kostenlos zugänglichen Kopien von Kunstwerken.
Das ist sowohl technisch, ökonomisch, als auch juristisch relevant.
### Interessen der Verlage
Das Reproduzieren ist immer Aufgabe der Verlage gewesen. Die Digitalisierung
macht es den Verlagen natürlich schwer, Kunst zu verkaufen - die Kunst steht in
Konkurrenz zu:
* den "gestohlenen" Kopien von sich selbst,
* in schwächerer Konkurrenz mit "gestohlenen" Kopien von anderen Kunstwerken
* mit kostenlos zugänglichen Kopien von Kunstwerken.
Deswegen haben Verlage ein Interesse daran, kostenlos zugängliche Kunst
schwerer zugänglich zu machen. Bei "gestohlenen" Kopien von Werken, die sie
@ -42,45 +81,162 @@ kommerziell vertreiben, haben sie es relativ leicht:
anderen Kunstwerken.
Deswegen haben Verlage das Urheberrecht historisch erkämpft; es sichert ihre
Überlebensgrundlage. Nebenbei dient es auch dazu, Künstler/innen zu
finanzieren; daraus zieht das Urheberrecht seine Legitimation.
Überlebensgrundlage.
Das Verhältnis zwischen Verlagen und Künstler/innen ist jedoch selten klar,
anders als Kapital/Proletarier. Man kann also kaum von einer systematischen
Ausbeutung im marxistischen Sinne sprechen.
Das Urheberrecht wurde historisch auch aus Zensurgründen eingeführt, und wird
immer mal wieder so benutzt. Zum Beispiel bei IFG-Anfragen:
https://fragdenstaat.de/aktionen/zensurheberrecht-2014/
Nebenbei dient es auch dazu, manche Künstler:innen zu finanzieren; daraus zieht
das Urheberrecht seine Legitimation. Selbst bei den Protesten gegen das neue
EU-Urheberrecht gab es Schilder wie "Ja zum Urheberrecht - Nein zur Zensur".
Die Bewegung war allerdings auch sehr divers und hatte keinerlei einheitliche
Position.
Das Verhältnis zwischen Verlagen und Künstler:innen ist selten klar, anders als
Kapital/Proletarier. Es gibt Knebelverträge, aber es gibt auch 50/50-Verträge,
manchmal bleiben die Rechte an den Kunstwerken bei den Künstler:innen. Oft
haben die Verlage gar nicht das alleinige Eigentum an den Produktionsmitteln.
Man kann also kaum von einer systematischen Ausbeutung im marxistischen Sinne
sprechen.
### Urheberrecht ist Diebstahl
Stattdessen ist das Bild der monopolistischen Extraktion aus dem Mutualismus
besser geeignet, um zu analysieren, wie sich Verlage das Commons "Kultur"
aneignen. Mit dem Urheberrecht haben Verlage die staatliche Legitimation,
Profit aus gewisser Kultur zu extrahieren.
aneignen.
Die Kritik daran ähnelt der mutualistischen Kritik am Mietrecht; hier werden
nicht Bedürfnisse befriedigt, sondern Profit extrahiert. Bedürfnisbefriedigung
passiert, wenn da ein Haus ist, und man halt drin wohnt. Wenn man aber
versucht, mit Häusern Geld zu verdienen, in denen man keine Zeit hat, darin zu
wohnen, ist das Extraktion.
Commons können von Menschen für ihre Bedürfnisse genutzt werden, und zwar für
alle, für die sie zugänglich sind. Commons müssen auch aufrecht erhalten werden.
Ein Beispiel sind Bibliotheken, die durch Bücherspenden wachsen, und die idR
sanktionieren, wenn man ein Buch nicht zurückbringt.
Das typische Beispiel für Commons sind Wiesen, die von ganzen Dörfern
landwirtschaftlich genutzt werden. Die waren früher oft Gemeinschaftseigentum,
wurden aber in der Frühphase der Industrialisierung privatisiert und aufgekauft.
#### Plattformen - das Herrschaftsparadigma des digitalen Zeitalters
Die Soziologie betrachtet fast alles als Institutionen. Plattformen sind jedoch
ein nützlicher Begriff, um zu analysieren, wie sich Institutionen durch die
Digitalisierung verändert haben. Die Natur der Herrschaft hat sich dadurch
verändert.
Ein schönes Beispiel für eine Institution ist ein Staat, eine Firma, ein Verein,
oder eine Partei. Institutionen sind hierarchisch organisiert, die Ressourcen
werden zentral verwaltet, und nach unten weitergegeben, um genutzt zu werden.
Die Regeln, nach denen die Institution handelt, werden oben festgelegt, manchmal
demokratisch.
Plattformen, in denen wir leben, sind etwa Facebook, Wikipedia, Spotify, eBay,
oder auch das Internet an sich. Auf Plattformen werden die Ressourcen dezentral
verwaltet und genutzt und die Bewohner können frei partizipieren und miteinander
interagieren, allerdings nur im Rahmen der Regeln: Code is Law.
Plattformen sind heterarchisch. Bis auf eine Ausnahme - die Admins, die die
Regeln festlegen. Demokratische Plattformen gibt es bisher so gut wie nicht.
(Das könnte übrigens eine zentrale Herrschaftsfrage des 21. Jahrhunderts werden)
#### Commons und Plattformen
Commons sind Plattformen, in dem Sinne dass die Ressourcen dezentral genutzt
werden können. Der Unterschied ist die Frage des Profits - extrahiert die
Admins Profit aus der Plattform? Dann kann es kein Commons, kein
Gemeinschaftseigentum sein.
#### Eigentum ist Diebstahl - die Privatisierung von Commons
Der anarcho-mutualistische Spruch "Eigentum ist Diebstahl" von Proudhon setzt
hier an; Die Erde ist bereits da und gehörte mal allen. Alle konnten ihre
Ressourcen nutzen, bevor die ursprüngliche Akkumulation zur Privatisierung
geführt hat.
Dieses Recht auf Privateigentum wird vom Staat garantiert und aufrechterhalten;
indem der Staat Nichteigentümer an der Nutzung von Commons hindert, ermöglicht
er Eigentümern die alleinige Extraktion von Profit aus den Commons.
Der Anarcho-Mutualismus kritisiert, dass das die Befriedigung der Bedürfnis
behindert. Bedürfnisbefriedigung passiert, wenn da ein Haus ist, und man halt
drin wohnt. Wenn man aber versucht, mit Häusern Geld zu verdienen, in denen man
keine Zeit hat, darin zu wohnen, ist das Extraktion von Profit.
Mit dem Urheberrecht haben Verlage die staatliche Legitimation, Profit aus
gewisser Kultur zu extrahieren.
#### Kunst - Bedürfnisbefriedigung oder Profitautomat?
Mit Liedern ist es genauso: wenn sie zur Befriedigung von Bedürfnissen da sind,
dann indem man sie spielt, abspielt, kopiert, remixt. Das verdienen von Geld
mit Kunst, die man behalten kann, ist reine Extraktion.
dann indem man sie spielt, abspielt, kopiert, remixt. Das Verdienen von Geld
mit Kunst, die man beinahe kostenlos kopieren kann, ist reine Extraktion.
Wenn Verlage für etwas Geld verlangen, was sie selbst gar nicht nutzen könnten,
Also zB Musik, ist es Extraktion. Warum sollten sie Geld von einem verlangen,
obwohl ihnen kein Nachteil entsteht?
Also zB Musik, ist es Extraktion.
Im Gegenteil gibt es Zahlen, die belegen, dass Piraterie den Verkaufszahlen von
Filmen und Computerspielen eher nutzt; vor allem weil Raubkopierer gute Spiele
auch weiterempfehlen, an Leute die es bezahlen, und bei der Bekämpfung von
Raubkopien viel gute Promo verloren geht.
Dadurch, dass man die Arbeit der Verlage, das reproduzieren, heute auch selbst
erledigen kann, fällt ihre Berechtigung weg. Ihr Hauptarbeit besteht heute
noch darin, das Marketing für Künstler:innen zu übernehmen, und die Gewinne
einzutreiben.
Künstler/innen, die ihre Kunst zum free download anbieten, finanzieren sich oft
über Spenden (z.B. Liberapay, Patreon), Konzerte gegen Spende, oder Nebenjobs.
Das ist prekär; auf der anderen Seite würden sie über Verkäufe idR auch nicht
viel verdienen.
### Urheberrecht abschaffen?
In Kürze: Raubkopieren schafft natürlich nicht den Kapitalismus ab. Aber in
manchen Bereichen bricht es mit der Logik von Wert und Ware, ähnlich wie
Ladendiebstahl, aber netter.
Das Urheberrecht abzuschaffen ist keine weit hergeholte Forderung. Politisch
mag sie noch weit weg sein, aber Direkte Aktion ermöglicht sie jeden Tag.
Denn: technisch sind wir hier klar im Vorteil. Während in vielen technischen
Bereichen die Kontrolle langsam die Überhand bekommt, ist hier die Freiheit
meistens einen Schritt voraus.
Aber auch als politische Forderung: was würde passieren?
Wenn Verlage keine Gewinne mehr aus dem Verkauf von Datenträgern eintreiben
können, würden sie zu Marketingagenturen reduziert. Leute würden ihre Jobs
verlieren, Geschäftsmodelle würden zusammenbrechen, das Kapital hätte eine
lukrative Verwertungsmethode weniger.
Abmahnanwält:innen müssten die Leute auf anderen Rechtsgebieten ausnutzen.
#### Und die Künstler:innen?
Die größte Sorge ist natürlich, wie sich Künstler:innen in Zukunft finanzieren
würden.
Viel Mainstream-Musik würde sich nicht mehr rechnen; die Charts wären bald
ausgestorben. Untergrund-Musik, Hobby-Musik, etc. würden die dominante Form von
Musikkonsum werden. Es können schon heute nur ein Bruchteil aller
Künstler:innen vom Verkauf von Kopien leben.
Man kann viel daran sehen, wie sich Künstler:innen heute schon finanzieren:
Künstler:innen, die ihre Kunst zum free download anbieten, finanzieren sich oft
über Spenden (z.B. Liberapay, Patreon), Konzerte gegen Spende/Crowdfunding,
Kunstunterricht, oder Nebenjobs. Das ist prekär; auf der anderen Seite würden
sie über Verkäufe idR auch nicht viel verdienen.
Bemerkenswert ist, dass nicht allzu viele Künstler:innen am Urheberrecht
hängen. Im Kampf um das neue EU-Urheberrecht haben nur wenige Künstler:innen
versucht, den Diskurs zu beeinflussen. Die GEMA hat ein paar mit an Bord
gekriegt, aber sie hatten nur wenig Einfluss auf die öffentliche Debatte.
Ich habe es satt, bei allen politischen Forderungen erst darauf warten zu
müssen, bis ein BGE eingeführt wird. BGE + kein Urheberrecht ist ein schöne
Utopie - es wird aber nicht beides gleichzeitig kommen.
Stattdessen würden ziemlich noch mehr Künstler:innen wohl bald zu lautstarken
Verfechtern eines BGE werden. Klingt doch gut.
### Raubkopieren als Aktionsform
Raubkopieren als Direkte Aktion schafft natürlich nicht den Kapitalismus ab.
Aber in manchen Bereichen bricht es mit der Logik von Wert und Ware. Es gibt
auch viele unpolitische Raubkopierer - ungenutztes Agitationspotenzial.
Raubkopieren ist auch ein schönes Mittel, um klassistische Privilegien
abzubauen. Für Leute, die sich keine Kultur leisten können, ist es oft die
einzige Möglichkeit der Teilhabe. Allein deswegen sollten wir es fördern.
Ähnlich wie Ladendiebstahl, aber netter:
* Bei Raubkopieren nimmt man niemand etwas weg - man schafft eher etwas neues.
* Es ist weniger riskant.
* Die Vermittlung funktioniert besser.
## Rechtslage
@ -113,18 +269,6 @@ IP-Adresse bei Torrents nicht automatisch verschleiert wird.
sehr viel langsamer macht
* Ein VPN ist da die bessere Wahl und sollte ausreichen, um euch zu schützen.
### Zur Inspiration: eine mögliche Verleumdungsklage
```
Um sich gegen die übergriffigen Regulierungsversuche der Medienindustrie
besser schützen zu können, wäre es sinnvoll, die missbräuchliche Verwendung von
Worten wie „Raubkopie“ oder „Softwarepiraterie“ durch o.g. Interessengruppen
ebenfalls mit aller gesetzlichen Härte zu verfolgen und grundsätzlich als
Verleumdung nach § 187 StGB zur Anzeige zu bringen. Da es sich hierbei um eine
Straftat handelt, ist die Staatsanwaltschaft verpflichtet, jeder dieser
Anzeigen nachzugehen.
```
### CD Ripping
Legal erworbene Datenträger dürfen im einzelnen kopiert werden. Diese Kopien
@ -137,9 +281,22 @@ Allerdings darf nur wirksamer Kopierschutz nicht umgangen werden; manche sagen,
dass sich ein Kopierschutz als unwirksam erweist, sobald er umgangen wird. lol.
ist leider nicht allgemein anerkannt, glaube ich.
### Zur Inspiration: eine mögliche Verleumdungsklage
```
Um sich gegen die übergriffigen Regulierungsversuche der Medienindustrie
besser schützen zu können, wäre es sinnvoll, die missbräuchliche Verwendung von
Worten wie „Raubkopie“ oder „Softwarepiraterie“ durch o.g. Interessengruppen
ebenfalls mit aller gesetzlichen Härte zu verfolgen und grundsätzlich als
Verleumdung nach § 187 StGB zur Anzeige zu bringen. Da es sich hierbei um eine
Straftat handelt, ist die Staatsanwaltschaft verpflichtet, jeder dieser
Anzeigen nachzugehen.
```
## Praktische Tipps
Diskussionsrunde
Wer hat noch gute Links, die wir noch nicht kennen?
* Serien & Filme kann man auf Seiten streamen:
* kinox.to
* bs.to
@ -170,5 +327,4 @@ Diskussionsrunde
# Feedback
politischen Teil etwas komprimieren, und weniger stockend. die Begriffe sind zu
akademisch.
die Begriffe sind zu akademisch.