Plattformen raus, Commons erklärt, leichtere Sprache

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# Raubkopieren - rechtliche Lage und technische Tipps
Erst gibt es einen kurzen Input zum politischen Potenzial von Raubkopieren.
Dann einen praxisorientierten Überblick zur rechtlichen Lage in Deutschland.
Dann gibt es eine offene Austauschrunde, wie man urheberrechtlich geschützte
Daten schön austauschen kann.
Heute geht es ums Raubkopieren. Wir behandeln:
1. Warum ist Raubkopieren politisch sinnvoll?
2. Wie illegal ist Raubkopieren eigentlich genau?
3. Austausch: und wie macht man es am besten?
Wenn euch Begriffe zu akademisch sind, *fragt nach*. Der Autor hat leider
während seinem Studium das Gefühl für normale Sprache verloren. Ist kein Thema,
Wenn euch Begriffe zu akademisch sind, *fragt nach*. Dey Autor hat leider
während deren Studium das Gefühl für normale Sprache verloren. Ist kein Thema,
das zu erklären, die Begriffe sind an manchen Stellen leider notwendig.
## Politisches Potenzial
@ -37,7 +37,7 @@ Raubkopien geht viel gute Promo verloren.
Raubkopieren als Direkte Aktion schafft natürlich nicht den Kapitalismus ab.
Aber in manchen Bereichen bricht es mit der Logik von Wert und Ware. Es gibt
auch viele unpolitische Raubkopierer - ungenutztes Agitationspotenzial.
auch viele unpolitische Raubkopierer - die könnte man mal politisieren.
Raubkopieren ist auch ein schönes Mittel, um klassistische Privilegien
abzubauen. Für Leute, die sich keine Kultur leisten können, ist es oft die
@ -46,16 +46,16 @@ einzige Möglichkeit der Teilhabe. Allein deswegen sollten wir es fördern.
Ähnlich wie Ladendiebstahl, aber netter:
* Bei Raubkopieren nimmt man niemand etwas weg - man schafft eher etwas neues.
* Es ist weniger riskant.
* Die Vermittlung funktioniert besser.
* Man kann besser erklären, warum es eine gute Sache ist.
### Eine systematische Kritik
Problem: Selbst bei den Protesten gegen das neue EU-Urheberrecht gab es
Schilder wie "Ja zum Urheberrecht - Nein zur Zensur". Die Bewegung war sehr
breit gefächert und hatte keinerlei einheitliche Position.
Schilder wie "Ja zum Urheberrecht - Nein zur Zensur". Die Bewegung war sehr
breit gefächert und hatte keine einheitliche Position.
Deswegen braucht es eine systematische Kritik am Urheberrecht aus
anarchistischer Perspektive.
Deswegen sollten wir Anarchist:innen genau erklären, was wir am Urheberrecht
scheiße finden.
### Künstlerische Interessen
@ -63,7 +63,7 @@ Als Künstler habe ich zwei Interessen:
* ich will, dass so viele Leute wie möglich meine Kunst genießen können
* ich will überleben können
Open Access ermöglicht 1. wie nichts anderes, aber erschwert, Geld mit
Kein Urheberrecht ermöglicht 1. wie nichts anderes, aber erschwert, Geld mit
Kunst zu verdienen.
#### Künstlerische Arbeit
@ -78,17 +78,17 @@ Künstlerische Arbeit sind 3 verschiedene Sachen:
#### Das Reproduzieren: Ware, Wert, und Grenzkosten
Das Internet ist praktisch eine riesige Kopiermaschine. Immer wenn man etwas
herunterlädt, kopiert man etwas. Die Kosten vom kopieren sind so niedrig wie
noch nie zuvor - jeder mit einem Rechner, Speicherplatz, & Zugang zu Internet &
Daten kann kopieren.
Das ist sowohl technisch, ökonomisch, als auch juristisch relevant.
herunterlädt, kopiert man etwas. Die Kosten vom Kopieren (Grenzkosten) sind so
niedrig wie noch nie zuvor - jeder mit einem Rechner, Speicherplatz, & Zugang
zu Internet & Daten kann kopieren.
### Interessen der Verlage
Das Reproduzieren ist immer Aufgabe der Verlage gewesen. Die Digitalisierung
macht es den Verlagen natürlich schwer, Kunst zu verkaufen - die Kunst steht in
Konkurrenz zu:
Das Reproduzieren ist immer Aufgabe der Verlage gewesen. Jetzt können es aber
alle einfach so machen.
Die Digitalisierung macht es den Verlagen natürlich schwer, Kunst zu verkaufen.
Die Kunst steht in Konkurrenz zu:
* den "gestohlenen" Kopien von sich selbst,
* in schwächerer Konkurrenz mit "gestohlenen" Kopien von anderen Kunstwerken
* mit kostenlos zugänglichen Kopien von Kunstwerken.
@ -112,77 +112,56 @@ Nebenbei dient es auch dazu, manche Künstler:innen zu finanzieren; daraus zieht
das Urheberrecht seine Legitimation.
Das Verhältnis zwischen Verlagen und Künstler:innen ist selten klar, anders als
Kapital/Proletarier. Es gibt Knebelverträge, aber es gibt auch 50/50-Verträge,
manchmal bleiben die Rechte an den Kunstwerken bei den Künstler:innen. Oft
haben die Verlage gar nicht das alleinige Eigentum an den Produktionsmitteln.
Man kann also kaum von einer systematischen Ausbeutung im marxistischen Sinne
sprechen.
Arbeitgeber:innen/Arbeitnehmer:innen. Es gibt Knebelverträge, aber es gibt auch
50/50-Verträge, manchmal bleiben die Rechte an den Kunstwerken bei den
Künstler:innen. Oft haben die Verlage gar nicht das alleinige Eigentum an den
Produktionsmitteln. Man kann also kaum von einer systematischen Ausbeutung im
marxistischen Sinne sprechen.
### Urheberrecht ist Diebstahl
Stattdessen ist das Bild der monopolistischen Extraktion aus dem Mutualismus
besser geeignet, um zu analysieren, wie sich Verlage das Commons "Kultur"
aneignen.
besser geeignet, um zu verstehen, wie sich Verlage das Commons
(Gemeinschaftseigentum) "Kultur" aneignen.
Kultur ist ein Commons, weil...
Da kulturelle Güter nichtrival sind, eignen sie sich hervorragend als Commons.
Wenn sich ein Mensch ein Lied anhört, hindert das niemand anders daran, es auch
zu hören. Kultur wird mehr, wenn man sie teilt; nicht weniger.
Deswegen sind kulturelle Güter auch oft etwas, was Menschen verbindet; viele
Leute können es gemeinsam nutzen, ohne sich etwas wegzunehmen. Das verbindet
und schweißt zusammen, es formt eine Gemeinschaft.
Commons können von Menschen für ihre Bedürfnisse genutzt werden, und zwar für
alle, für die sie zugänglich sind. Commons müssen auch aufrecht erhalten werden.
Ein Beispiel sind Bibliotheken, die durch Bücherspenden wachsen, und die idR
sanktionieren, wenn man ein Buch nicht zurückbringt.
alle, für die sie zugänglich sind. Commons müssen auch aufrecht erhalten
werden. Ein Beispiel sind Büchereien, die durch Bücherspenden wachsen, und die
auch in der Regel bestrafen, wenn man ein Buch nicht zurückbringt.
Das typische Beispiel für Commons sind Wiesen, die von ganzen Dörfern
landwirtschaftlich genutzt werden. Die waren früher oft Gemeinschaftseigentum,
wurden aber in der Frühphase der Industrialisierung privatisiert und aufgekauft.
#### Plattformen - das Herrschaftsparadigma des digitalen Zeitalters
Die Soziologie betrachtet fast alles als Institutionen. Plattformen sind jedoch
ein nützlicher Begriff, um zu analysieren, wie sich Institutionen durch die
Digitalisierung verändert haben. Die Natur der Herrschaft hat sich dadurch
verändert.
Ein schönes Beispiel für eine Institution ist ein Staat, eine Firma, ein Verein,
oder eine Partei. Institutionen sind hierarchisch organisiert, die Ressourcen
werden zentral verwaltet, und nach unten weitergegeben, um genutzt zu werden.
Die Regeln, nach denen die Institution handelt, werden oben festgelegt, manchmal
demokratisch.
Plattformen, in denen wir leben, sind etwa Facebook, Wikipedia, Spotify, eBay,
oder auch das Internet an sich. Auf Plattformen werden die Ressourcen dezentral
verwaltet und genutzt und die Bewohner können frei partizipieren und miteinander
interagieren, allerdings nur im Rahmen der Regeln: Code is Law.
Plattformen sind heterarchisch. Bis auf eine Ausnahme - die Admins, die die
Regeln festlegen. Demokratische Plattformen gibt es bisher so gut wie nicht.
(Das könnte übrigens eine zentrale Herrschaftsfrage des 21. Jahrhunderts werden)
#### Commons und Plattformen
Commons sind Plattformen, in dem Sinne dass die Ressourcen dezentral genutzt
werden können. Der Unterschied ist die Frage des Profits - extrahiert die
Admins Profit aus der Plattform? Dann kann es kein Commons, kein
Gemeinschaftseigentum sein.
Das nennt Marx die "ursprüngliche Akkumulation"; Commons werden künstlich in
Privateigentum gebracht, damit man damit Geld verdienen kann. Was bei Land
durch Grundbesitz geschafft wurde, ist bei Kultur durch das Urheberrecht
passiert; Jemand hat einen Zaun drumrum gebaut, um Nutzungsgebühren kassieren
zu können.
#### Eigentum ist Diebstahl - die Privatisierung von Commons
Der anarcho-mutualistische Spruch "Eigentum ist Diebstahl" von Proudhon setzt
hier an; Die Erde ist bereits da und gehörte mal allen. Alle konnten ihre
Ressourcen nutzen, bevor die ursprüngliche Akkumulation zur Privatisierung
geführt hat.
Der anarcho-mutualistische Spruch "Eigentum ist Diebstahl" lässt sich hier
prima anwenden; durch die Überführung ins Privateigentum wird der Allgemeinheit
ihr Commons geklaut.
Dieses Recht auf Privateigentum wird vom Staat garantiert und aufrechterhalten;
indem der Staat Nichteigentümer an der Nutzung von Commons hindert, ermöglicht
er Eigentümern die alleinige Extraktion von Profit aus den Commons.
indem der Staat Nichteigentümer an der Nutzung von Kultur hindert/kopieren
verbietet, ermöglicht er Eigentümern das alleinige Geldverdienen mit Kultur.
Der Anarcho-Mutualismus kritisiert, dass das die Befriedigung der Bedürfnis
Der Anarcho-Mutualismus kritisiert, dass das die Befriedigung der Bedürfnisse
behindert. Bedürfnisbefriedigung passiert, wenn da ein Haus ist, und man halt
drin wohnt. Wenn man aber versucht, mit Häusern Geld zu verdienen, in denen man
keine Zeit hat, darin zu wohnen, ist das Extraktion von Profit.
Mit dem Urheberrecht haben Verlage die staatliche Legitimation, Profit aus
gewisser Kultur zu extrahieren.
#### Kunst - Bedürfnisbefriedigung oder Profitautomat?
Mit Liedern ist es genauso: wenn sie zur Befriedigung von Bedürfnissen da sind,
@ -192,18 +171,19 @@ mit Kunst, die man beinahe kostenlos kopieren kann, ist reine Extraktion.
Wenn Verlage für etwas Geld verlangen, was sie selbst gar nicht nutzen könnten,
Also zB Musik, ist es Extraktion.
Dadurch, dass man die Arbeit der Verlage, das reproduzieren, heute auch selbst
erledigen kann, fällt ihre Berechtigung weg. Ihr Hauptarbeit besteht heute
Durch das Urheberrecht erlaubt der Staat ausschließlich den Verlagen, Profit
aus gewisser Kultur zu extrahieren.
Dadurch, dass man die Arbeit der Verlage, das Reproduzieren, heute auch selbst
erledigen kann, braucht man Verlage nicht mehr. Ihre Hauptarbeit besteht heute
noch darin, das Marketing für Künstler:innen zu übernehmen, und die Gewinne
einzutreiben.
### Urheberrecht abschaffen?
Das Urheberrecht abzuschaffen ist keine weit hergeholte Forderung. Politisch
mag sie noch weit weg sein, aber Direkte Aktion ermöglicht sie jeden Tag.
Denn: technisch sind wir hier klar im Vorteil. Während in vielen technischen
Bereichen die Kontrolle langsam die Überhand bekommt, ist hier die Freiheit
meistens einen Schritt voraus.
Die Forderung, das Urheberrecht abzuschaffen, ist nicht weit hergeholt.
Politisch mag sie noch weit weg sein, aber Direkte Aktion ermöglicht sie jeden
Tag. Denn: technisch sind wir hier klar im Vorteil.
Aber auch als politische Forderung: was würde passieren?
@ -220,16 +200,16 @@ Die größte Sorge ist natürlich, wie sich Künstler:innen in Zukunft finanzier
würden.
Viel Mainstream-Musik würde sich nicht mehr rechnen; die Charts wären bald
ausgestorben. Untergrund-Musik, Hobby-Musik, etc. würden die dominante Form von
Musikkonsum werden. Es können schon heute nur ein Bruchteil aller
Künstler:innen vom Verkauf von Kopien leben.
ausgestorben. Es gäbe wahrscheinlich vor allem noch Untergrund-Musik,
Hobby-Musik, etc. Es können schon heute nur ein Bruchteil aller Künstler:innen
vom Verkauf von Kopien leben.
Man kann viel daran sehen, wie sich Künstler:innen heute schon finanzieren:
Künstler:innen, die ihre Kunst zum free download anbieten, finanzieren sich oft
über Spenden (z.B. Liberapay, Patreon), Konzerte gegen Spende/Crowdfunding,
über Spenden (z.B. Liberapay, Patreon), Konzerte, Crowdfunding,
Kunstunterricht, oder Nebenjobs. Das ist prekär; auf der anderen Seite würden
sie über Verkäufe idR auch nicht viel verdienen.
sie über Verkäufe in der Regel eh nicht viel verdienen.
Bemerkenswert ist, dass nicht allzu viele Künstler:innen am Urheberrecht
hängen. Im Kampf um das neue EU-Urheberrecht haben nur wenige Künstler:innen
@ -240,7 +220,7 @@ Ich habe es satt, bei allen politischen Forderungen erst darauf warten zu
müssen, bis ein BGE eingeführt wird. BGE + kein Urheberrecht ist ein schöne
Utopie - es wird aber nicht beides gleichzeitig kommen.
Stattdessen würden ziemlich noch mehr Künstler:innen wohl bald zu lautstarken
Stattdessen würden wahrscheinlich noch mehr Künstler:innen bald zu lautstarken
Verfechtern eines BGE werden. Klingt doch gut.
## Rechtslage
@ -284,7 +264,7 @@ strafbar. Schadensersatz (Zivilrecht) kann aber gefordert werden.
Allerdings darf nur wirksamer Kopierschutz nicht umgangen werden; manche sagen,
dass sich ein Kopierschutz als unwirksam erweist, sobald er umgangen wird. lol.
ist leider nicht allgemein anerkannt, glaube ich.
ist leider nicht allgemein anerkannt.
### Zur Inspiration: eine mögliche Verleumdungsklage
@ -330,6 +310,3 @@ Wer hat noch gute Links, die wir noch nicht kennen?
* newalbumreleases.com
* plixid.com
# Feedback
die Begriffe sind zu akademisch.