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| true | gaia | true | Gegen die Angst - Intersektionaler Anarchismus |
Gegen die Angst
Was will der intersektionale Anarchismus?
Herrschaftssysteme teilen die Menschen ein nach: Geschlecht, Ordnung, Herkunft, Leistung, und Fähigkeiten. Das vergiftet unsere Beziehungen.
Wir müssen diese Herrschaft abschaffen: auch in uns selbst.
Führen wir stattdessen Beziehungen auf Augenhöhe: statt Zwänge gegeneinander einzusetzen, überwinden wir sie gemeinsam.
Beziehungen / Herrschaftsbeziehungen
- Freundschaften
- Liebesbeziehungen
- Arbeitsverhältnisse
- Familie
- Fremde: also Gesellschaft
Zwänge - Beispiel Geschlecht:
- Eltern bedrängen ihre Töchter, Kinder zu kriegen
- Staat & Kirchen verbieten Abtreibung, Verhütung, & geschlechtsaffirmative Maßnahmen (Transition)
- Jungs zwingen sich gegenseitig, männlich & hetero zu sein
- Zwang zur Monogamie, von Slutshaming bis zu Femiziden
- Neugeborene, die inter sind, werden zwangsoperiert
- Menschen zwingen sich gegenseitig sexualisierte Gewalt auf
Warum ist das keine Liebe? Welche Ängste stehen da dahinter?
Was ist Liebe? Was ist Angst?
Viele Beziehungen sind von Angst bestimmt. Liebe ist das Gegenmittel:
- Liebe ist kein Gefühl, sondern bewusst zu handeln
- Love ist, über sich hinauszuwachsen, um anderen bei ihrem Wachstum zu helfen
- Liebe braucht: Fürsorge, Zuneigung, Verständnis, Respekt, Commitment, Vertrauen, und offene & ehrliche Kommunikation
(Definition aus All About Love von bell hooks)
Herrschaft ist, wenn unsere Beziehungen von Angst geprägt sind
Um Herrschaft zu besiegen, müssen wir sie verstehen:
- Welche Zwänge betreffen uns & unsere Mitmenschen?
- Welche Ängste hindern uns, eine Beziehung zu verändern/beenden?
- Erlauben wir Anderen, ihre Beziehung zu uns mitzugestalten?
Das sind Fragen für Empathie & emotionale Intelligenz
Welche dieser Ängste kennt ihr?
- Angst vor Veränderung
- Angst vor der Ersetzbarkeit
- Angst dass man für andere unersetzbar wird
- Angst vor Abhängigkeit
- Angst dass andere von einem abhängig sind
- Angst vor der Einsamkeit
- Angst vorm Schwäche zeigen
- Angst vor Nähe/verletzt zu werden
Welche dieser Ängste kennt ihr?
- Angst um Andere
- Angst vor Gewalt
- Angst vor Konflikten
- Angst vor dem Unbekannten
- Angst vor Hunger, Armut, Obdachlosigkeit
- Angst vor Krankheit & Tod
- Angst vor einer dysfunktionalen Familie
- Angst vor dem verschwinden der eigenen Kultur
Wir werden unterschiedlich unterdrückt:
Nach Geschlecht: Männer | Frauen | trans Personen, die nicht binär sind oder passen
Nach Zeugungsfähigkeit: zeugungsfähig | gebärfähig | "fortpflanzungsunfähig oder -unwürdig"
Nach Sexueller Orientierung: heterosexuell | bisexuell/poly | homosexuell
Nach Schönheit: Normschön | atypisch | "entstellt"
Rollen im Herrschaftssystem
Ziel der Herrschaft ist, sich selbst zu reproduzieren. Dafür macht sie uns verschiedene Angebote. Je nachdem sind Zuckerbrot & Peitsche anders:
- Unterdrückte sollen sich still ausbeuten lassen, sonst müssen sie mit Gewalt rechnen
- Kollaborierende kriegen Macht über andere, solange sie bei der Herrschaft mitspielen
- Marginalisierte sind überflüssig für das Herrschaftssystem und von Vernichtung bedroht
Wie geht man mit der Rolle um?
Rolle wird einem aufgedrückt & zugesprochen - Schubladendenken
Kollaborierende dürfen ihre Macht nicht missbrauchen, um das System nicht zu delegitimieren
Unterdrückte & Marginalisierte dürfen nicht nach Macht streben, um die Stellung der Kollaborierenden nicht zu gefährden
Diese Regeln sind nicht immer offen ausgesprochen oder niedergeschrieben, und werden ständig neu ausgehandelt
Geschlecht: das Patriarchat
Ängste: vor einer dysfunktionalen Familie, Ersetzbarkeit, Einsamkeit, Schwäche zeigen, Nähe
Zwänge: Druck Kinder zu kriegen, Einschränkungen der körperlichen Selbstbestimmung, Monogamie, Zwangs-OPs an inter-Personen, homo- & transfeindliche Gewalt, geschlechts-basierte Arbeitsteilung, Verhaltensnormen, Kleiderordnungen, sexualisierte Gewalt, Verweigerung von Bürgerrechten
Diskriminierungslinien durch Geschlecht:
Geschlecht: Männer | Frauen | trans Person
Zeugungsfähigkeit: zeugungsfähig | gebärfähig | "fortpflanzungsunfähig oder -unwürdig"
Sexueller Orientierung: heterosexuell | bisexuell/poly | homosexuell
Schönheit: Normschön | atypisch | "entstellt"
Fähigkeiten: Ableismus
Indirekte Zwänge: Einschränkungen & Schmerzen (körperliche & geistige)
Ängste: von anderen abhängig zu sein, für andere sorgen zu müssen, Schwäche zu zeigen, dass andere von einem abhängig sind, vor einer dysfunktionalen Famile, dem eigenen Verfall, Krankheit, und Tod
Direkte Zwänge: Arbeitsverbot, Gewalt (Mikroaggressionen, Übergriffe, Mord), Verweigerung von Bürgerrechten, Familienkontrolle, Druck Care-Arbeit zu leisten, Zwangspsychiatrie, soziale Ausgrenzung, sexualisierte Gewalt, ...
Direkte vs. Indirekte Zwänge
Direkte Zwänge setzen Menschen gegeneinander ein - und sie könnten auch damit aufhören
Indirekte Zwänge sind außerhalb unserer Macht. Oft kommen da die Ängste her, wegen denen wir Herrschaftssysteme aufbauen
Aber in Beziehungen auf Augenhöhe können wir uns indirekten Zwängen eigentlich besser stellen, als in Herrschaftsbeziehungen
Diskriminierungslinien durch "Fähigkeiten":
Körperliche Fähigkeiten: "gesund" | eingeschränkt, aber selbstständig | unselbstständig
Neurodiversität/Psychische Gesundheit: neurotypisch | funktional neurodivergent | dysfunktional
Erwachsenheit: volljährig | unmündig | entmündigt
Sorgeverantwortung: unabhängig | zugeschriebene Sorgepflicht | auf Sorge angewiesen
Macht - gut oder schlecht?
Mit Macht kann man sich direkten Zwängen widersetzen, und indirekte Zwänge abfedern
Macht wird geteilt, und durch Kooperation ausgeübt -> in Beziehungen
Je nachdem ob die Beziehung auf Augenhöhe ist oder nicht, ist es Macht über andere, oder Macht mit anderen. In Beziehungen auf Augenhöhe können wir Herrschaft abbauen: Alle nach ihren Fähigkeiten, allen nach ihren Bedürfnissen.
Ordnung: der Staat
Nicht nur Behörden: "der Bulle im Kopf", Paternalismus etc.
Indirekte Zwänge: organisierte Gewalt, Sucht, Konfliktlösung geht nicht immer ohne Außenstehende
Ängste: Gewalt, Unordnung, Veränderung, Konflikten, Angst um Andere (Paternalismus)
Direkte Zwänge: Polizeimaßnahmen (Gewalt, Hausdurchsuchungen, Beschlagnahme), Strafe (Knast, Zwangsarbeit, Geldstrafen), Überwachung, Schule (Notendruck, Anwesenheitspflicht, Strafe)
Diskriminierungslinien durch Ordnung
Kriminalität & Bürokratie: Beamte & Petzen | Gehorsame Bürger:innen | die, deren Bedürfnisse mit den Regeln in Konflikt geraten
Demokratie: Verwaltungs- & Partei-Apparat | die Repräsentierten | die Unrepräsentierten & nicht Wahlberechtigten
Militär: Offiziere | Soldat:innen | Zivilist:innen
"Herrschaftssystem" kommt von "Herrschen"
Im Staat gibt es nicht nur Kollaborierende, Unterdrückte, und Marginalisierte - Herrschende sind Quelle der Macht & teilen sie mit Kollaborierenden
- Nicht in jedem Herrschaftssystem gibt es Herrschende
- Herrschaft wird von allen reproduziert, und funktioniert auch ohne dass jemand davon profitiert
- Ohne Herrschende ist das Herrschaftssystem sogar resilienter; den Adel konnte man noch hinrichten, Minister kommen immer neue nach
Leistung: Klassismus
Klassismus: Herrschaftssystem, das sich seit ca. 500 Jahren in der Wirtschaftsform Kapitalismus abspielt
Es gab Klassismus aber schon vor dem Kapitalismus, weil es klassistische Ängste schon länger gibt
Klassismus wird sich mit dem Kapitalismus nicht automatisch erledigt haben: der Schlüssel ist, sich den Ängsten gemeinsam in Beziehungen auf Augenhöhe zu stellen
Leistung: Klassismus
Indirekte Zwänge: Essen, Wohnen, Mobilität, Wissenshierarchien
Ängste: vor Abhängigkeit, sozialem Abstieg, Armut, Obdachlosigkeit
Direkte Zwänge: Nutzungsverbot von ungenutzten Ressourcen, Hürden für Berufe & Weiterbildung, aufdiktierte Arbeitsbedingungen & Hierarchien, Union Busting, Hartz-Maßnahmen, unfairer Wettbewerb
Ausbeutung: Lohnarbeit, Einhegung von Commons, Mietwohnungen, Konsumzwang
Ausbeutung: Profit durch Herrschaft
Herrschende beuten unterschiedliche Zwänge aus:
- rent capital: Staat schützt Eigentum an Wohnraum -> Menschen brauchen Wohnraum -> Miete kann extrahiert werden
- labour capital: Commons wurden privatisiert & aufgekauft -> Menschen brauchen Güter -> Kapital organisiert Produktion -> Profit kann extrahiert werden
Rolle der Herrschenden
- Im Kapitalismus sind die Herrschenden die, deren Kapital sich selbst verwertet -> Profit durch Direkte & Indirekte Zwänge
- Kollaborierende/Manager:innen organisieren die Arbeit für sie, aus Abstiegsängsten
- Arbeitskraft der Unterdrückten erhält das System, Unterdrückte & Kollaborierende verkaufen Arbeitskraft an Herrschende und bezahlen Rents
- Marginalisierte müssen sich durchschlagen; ihre Sichtbarkeit fördert Abstiegsängste bei Unterdrückten & Kollaborierenden
Diskriminierungslinien durch "Leistung"
Wohlstand: unabhängig, reich | abhängig, kann sparen | prekär
Kreditwürdigkeit: verleiht Geld | leiht sich Geld | nicht kreditwürdig
Arbeit: organisiert Arbeit | abhängig beschäftigt | arbeitslos
Bildung: akademisch | berufliche Ausbildung | ohne Ausbildung
Wohnen: Eigentumswohnung, Vermieter:innen | Miete | wohnungslos
Soziale Herkunft: wie abhängig die Eltern waren
Auswege aus dem Kapitalismus?
- Reformen & ökonomisches Wachstum: kurzfristige Verbesserung für manche Marginalisierte & Unterdrückte, aber im Schnitt gewinnt immer das Kapital
- Sozialistische Revolutionen: haben oft Herrschende abgeschafft, aber nie die Herrschaft selbst
- Nur in Beziehungen auf Augenhöhe können wir Zwänge abbauen; hier & jetzt im Kleinen, langfristig in revolutionärer Organisation
- Um die Herrschaft durch Organisierung von Arbeit abzuschaffen: Wissenshierarchien abbauen & Arbeit selbst verwalten
Herkunft: Rassismus
Indirekte Zwänge: migrieren müssen, generationelles Trauma, ...
Ängste: vor dem Unbekannten. Außerdem, dem Verschwinden der eigenen Kultur, dem Aufgeben von Privilegien, Konkurrenz, Ersetzbarkeit, Kritik & Konflikten, ...
Direkte Zwänge: Grenzregime, Arbeitsverbot, Abschiebung, Gewalt (Mikroaggressionen, Übergriffe, Pogrome, Genozide), Verweigerung von Bürgerrechten, Familienkontrolle, ...
Ausbeutung: Zwangsarbeit, undokumentierte Arbeit, Kriegsbeute, ...
Diskriminierungslinien nach "Herkunft"
Die Schubladen sind quasi immer willkürlich, oft ohne die Gemeinten zu kennen/verstehen. Eine Annäherung:
Geschichte: Kolonisierer & Gewinner | Gastarbeiter:innen & Geflüchtete | betroffen von Sklaverei, Genozid, Verschwörungsmythen, Ketzerei- oder Terrorismus-Vorwürfen
Sprache: Muttersprache dominant | dominante Sprache erlernt | spricht dominante Sprache nicht
Staatsbürgerschaft: Bürgerrechte | weniger Rechte | ohne Papiere
Exkurs: Religion
Religion ist ein Pfeiler von Herrschaftssystemen:
- macht Angebote des sozialen Friedens an Unterdrückte
- ist Plattform für das Teilen von Macht mit Kollaborierenden
- organisiert Pogrome gegen, aber auch Care für Marginalisierte
Religion kann regional ein eigenes Herrschaftssystem sein, und funktioniert dann oft als Rassismus
In der Kirche werden oft die unterschiedlichen Regeln/Moral für Kollaborierende & Unterdrückte ausgehandelt
Konservative vs. faschistische Herrschaft
Faschismus entsteht in konservativen Herrschaftssystemen:
- Nährboden sind erhöhte Ängste, z.B. in Wirtschaftskrisen
- Faschismus verwandelt diese Ängste in Hass auf Marginalisierte
- Hass wird in konservativen Herrschaftssystemen eher sanktioniert, weil er die Stabilität des Systems gefährdet – für die Faschisten ist die Instabilität des Systems ein Mittel.
- Faschist:innen nutzen diese Dynamik, um neu auszuhandeln, wer wen unterdrückt -> Ziel ist, zu Herrschenden zu werden
- Konservative Eindämmungstaktik scheitert
Konservative vs. faschistische Herrschaft
Aber: Faschismus ist wenig resilient
- paranoide Herrschende
- entfesselte Ängste
- instabile Deals
- illegitime/offenbarte Herrschaft...
Indem man sich gegen die Angst richtet, kann man ihm entgegentreten